ANTOINE RENÉ LEISI
Mundmaler
Jahrgang 1965
Der gelernte Blechkarosseriebauer Antoine René Leisi ist 26 Jahre und liebt seinen Beruf als Monteur von Metallanlagen. Er ist sportlich, fit, steht mitten im Leben – als Ende Januar 1991 ein Autounfall alles verändert: Drei seiner Halswirbel werden so schwer geschädigt, dass er zum Tetraplegiker wird.
Bis dahin verlief Leisis Leben wie das eines jeden jungen Mannes, mit Höhen und Tiefen, guten und schlechten Zeiten, Sorglosigkeit und schweren Entscheidungen. Geboren wurde Antoine Leisi am 3. April 1965 in Grenchen im Kanton Solothurn, seine Kindheit verbrachte er im Kanton Tessin. Als zehnjähriger Schuljunge entdeckte er seine Begeisterung fürs Rennrad und begann zu trainieren. Regelmäßig nahm er an Strassen-Radrennen teil, genau wie seinerzeit der gleichaltrige Radrennsportler Mauro Gianetti. Als Leisi 19 Jahre alt wurde, trennten sich allerdings die Wege der beiden Renngefährten. Da es sich seine Eltern nicht leisten konnten, seine Sportlerkarriere zu unterstützen, traf er schweren Herzens die Entscheidung, seine aktive Zeit als Rennradler zu beenden. Und so startete er nachdem er Schulzeit und Lehre zum Blechkarosseriebauer beendet hatte ins weniger abenteuerliche, dafür aber sicherere Arbeitsleben. Es zog ihn in die Deutschschweiz in den Kanton Luzern, wo er in Sursee zunächst als Karosseriebauer für Lastwagen tätig war und wenig später als Monteur von Metallanlagen. Eine Arbeit, die ihm lag und viel Freude machte. Und so hätte es weitergehen können – doch dann geschah am 27. Januar 1991 der Unfall …
Krankenhaus, Rehaklinik, ein völlig anderer Alltag: In den Jahren nach dem Autounfall musste Antoine Leisi sich erst wieder in seinem Leben zurechtfinden. Als er aber das Buch der Mundmalerin Joni Eareckson zu lesen bekam, wusste er, was er machen wollte: Malen, malen, malen. Damals noch im Bett liegend begann er damit – bis der Umgang mit Pinsel, Farbe und Leinwand zu seiner neuen Passion geworden war.
„Für mich ist das Malen eine Therapie. Mein Verstand taucht in eine Dimension von Farben ein und geht auf Reisen“, sagt der 54-Jährige, der heute in Lugano im Kanton Tessin lebt. „Ich wähle die Farben passend zu meiner Stimmung, ohne über den Inhalt und die Form nachzudenken.“ Und überlässt damit seinem mit dem Mund geführten Pinsel die Herrschaft über das Gemälde, das dann schließlich auf Leinwand oder losen Blätter entsteht.
2018 begegnete Antoine Leisi der italienischen Mundmalerin Natalina Marcantoni, was dazu führte, dass er Kontakt zur Genossenschaft der mund- oder fussmalenden Künstler, dem Kunstverlag Au in Wädenswil, aufnahm – und sich wieder intensiver mit der Malerei auseinandersetzte. Im Mai 2019 nahm der Mundmaler am zweiten Einladungsworkshop des Kunstverlags Au teil, den die renommierte Kunstmalerin Editha Tarantino leitete. Im Rahmen dieses Workshops in der Tonhalle St. Gallen lernte Antoine Leisi neue Aspekte des Themas Farbe und neue Maltechniken kennen und konnte sich mit den Künstlerkolleginnen und -kollegen aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich austauschen. Ganz dem Motto zum 60-jährigen Bestehen der Schweizer Künstlergemeinschaft der Mund- oder Fussmaler „Kunst überwindet Barrieren“ folgend, schuf Antoine Leisi in diesen Tagen farbenfrohe, starke, impressionistisch umgesetzte Bilder.
Seit 2019 ist er Stipendiat der weltweiten Künstlergemeinschaft und kann sich nun mit aller Kraft, Energie und Kreativität auf das Studium der Farben und Maltechniken konzentrieren. Zu seinen bevorzugten Motiven gehören impressionistische Momentaufnahmen, Landschaften, aber auch Tiermotive, die Antoine Leisi mit Acryl und Öl stimmungsvoll interpretiert.

